„Man muss sich anpassen“

Kevin Mboh Mboh über seine Träume, über Rassismus und die Frage, wie Integration gelingt
Kevin Mboh Mboh spielt seit rund zwei Jahren Fußball in Wörth. In bestem Deutsch berichtet der 26-jährige Biochemiker über sein Leben in Deutschland, seine Träume und seine „Weiße Familie“. Ebenfalls ins Gespräch klinkt sich Michael Schwoch ein.Kevin, wie hast du Kontakt zu den Fußballern geknüpft ? Kevin Mboh Mboh: Ich liebe Fußball. Als ich vor zweieinhalb Jahren aus Kamerun nach Wörth kam, erkundigte ich mich nach einem Verein. Ich ging immer wieder zum Fußballplatz, traf aber niemanden, da das Training der Herren in Kiefenholz stattfand. Nach einiger Zeit wurde doch einmal in Wörth trainiert und ich schaute zu. Da kam jemand auf mich zu, fragte mich, ob ich auch spielen würde und ließ mich mitmachen. Das war Michael Schwoch, der inzwischen so etwas wie mein weißer Vater ist. Seine Söhne Martin, Frank und Justin sind wie meine Weißen Brüder. Du wohnst inzwischen in Regensburg. Hast du noch nie über einen Vereinswechsel nachgedacht ? Mboh Mboh: Ich habe beim TSV viele Freunde gefunden. Dem Verein und den Menschen bin ich sehr dankbar. Ich kann mir nicht vorstellen, den Verein zu wechseln. Michael Schwoch: Kevin fährt mit dem Bus zum Training. Oder er fährt mit Spielern, die ebenfalls aus dem Raum Regensburg kommen. So kommt er auch wieder nach Hause. Ich selbst habe ihn schon öfter geholt oder nach Regensburg zurückgefahren. Auch unser Trainer Ilhan Capar, der in Barbing wohnt, fährt gerne mal einen Umweg. Kevin ist ein toller Typ, da sind ein paar Kilometer Umweg kein Problem ! Kevin, musstest du schon Erfahrungen mit Rassismus machen? Mboh Mboh: Klar gibt es Vorurteile. So richtig rassistisch beleidigt wurde ich aber erst einmal am Regensburger Bahnhof. Manche Patienten haben Angst vor meiner Hautfarbe. Es ist auch schon passiert, dass ein Patient seine Jacke vermisst hat. Dann hat er gemeint, dass sie der „Schwarze“ habe. Dabei hatte er sie nur verlegt. Als sie wieder aufgetaucht ist, hat er sich bei mir entschuldigt. In meiner Station bin ich der einzige Afrikaner. Ich wurde gut aufgenommen, fühle mich wohl bei Caritas. Man muss sich anpassen in einer anderen Kultur und man muss die Sprache lernen. Beides ist mir gut geglückt. Rassismus beim Sport … Mboh Mboh: … musste ich bisher nicht erleben. Hin und wieder kommt ein blöder Spruch, aber das war es dann auch schon. Von so etwas lasse ich mich nicht aus der Ruhe bringen. Michael, kannst du dich an besondere Momente mit Kevin erinnern? Schwoch: Als ein Mitspieler geheiratet hat, kamen alle Fußballer mit TSV-Shirt und Lederhose. Da Kevin keine hatte, steckten wir ihn in die Lederhose meines Sohnes Frank. Das war ein absolutes Highlight. Nie vergessen werde ich zudem die Abschlussfahrt nach Österreich im November 2019. Kevin sah zum ersten Mal Schnee, rutschte voller Begeisterung auf dem Bauch mehrmals einen Hang hinunter. Kevin, willst du in Deutschland bleiben? Mboh Mboh: Ja, ich habe hier eine zweite Heimat, eine zweite Familie gefunden. Ich will hier arbeiten, mich noch besser integrieren und zu gegebener Zeit den Einbürgerungstest machen. Besuchst du irgendwann deine Familie in Kamerun? Mboh Mboh: Das habe ich nächstes Jahr vor. Dann möchte ich mit meinem weißen Vater Michael nach Kamerun fliegen, ihm dort alles zeigen. Ich bin ihm und seiner Familie unglaublich dankbar. Mein weißer Vater wird dann etwas in großen Mengen brauchen, das ich nicht brauche. Was? Mboh Mboh: Sonnencreme. In Kamerun ist es viel heißer als hier. Da muss er seine Haut schützen, was ich nicht nötig habe. Für mich war übrigens der erste Winter in Deutschland grausam. Mich hat immer gefroren, ich brauchte viele Monate Handschuhe. Aber auch daran gewöhnt man sich. (mas)
Kevin Mboh Mboh in bayerischer Lederhose mit seinem „weißen Bruder“ Frank Schwoch. Foto: Markus Schmautz