Daniel Sperl freut sich auf sein Sommermärchen

29-jähriger Offensivspieler des TSV Wörth nimmt für Deutschland am World Cup CP teil
Von Markus SchmautzAm Mittwoch ist Daniel Sperl mit der deutschen Nationalmannschaft CP nach Spanien geflogen. Dort begann am gestrigen Donnerstag der World Cup in Sevilla. Daran nehmen die besten Nationen der Welt teil. Von Sonntag bis Dienstag absolvierte das Team in Oberhaching noch ein abschließendes Trainingslager. Auf dem Programm standen dabei zwei Testspiele gegen Australien.

Daniel Sperl trägt beim TSV und in der Nationalmannschaft die Nummer 14 auf dem Rücken.

Im ersten Spiel unterlag die deutsche Nationalmannschaft mit 2: 6 Toren. Dabei gelang Daniel Sperl der Treffer zum zwischenzeitlichen 2: 3. „Das Ergebnis spiegelt nicht den Spielverlauf wider. Wir leisteten uns einige individuelle Fehler und vergaben selbst leichtfertig gute Chancen“, analysierte Sperl. Am Dienstag machten es die Deutschen besser und schossen einen 2: 1-Erfolg heraus. Sperl bereitete einen der beiden Treffer vor. „Das Gegentor war abermals vermeidbar, daran gilt es noch zu arbeiten. Insgesamt spielten wir gut, konnten gegen die Nummer zehn der Welt gewinnen, wobei wir das Geschehen auf dem Platz über große Strecken beherrscht haben“, gibt sich Sperl nach dem letzten Test vor der WM optimistisch.Der 29-jährige Offensivspieler des TSV Wörth ist so fit wie noch nie in seinem Sportlerleben. Lange Zeit hat er sich intensiv auf das Großereignis vorbereitet. Für Daniel Sperl ist es schließlich etwas ganz Besonderes, für sein Land auflaufen zu dürfen. In der Vorrunde trifft das deutsche Team von Nationaltrainer Conny Frank Fritsch auf Brasilien, Japan und England. „Wir werden alles daran setzen, um Zweiter in unserer Gruppe zu werden. Mit dem dritten Platz könnten wir allerdings auch leben“, erklärt Sperl, für den ein Lebenstraum in Erfüllung gehen wird. Im Vorjahr stand für ihn bereits ein anderes Großereignis an. „Bei der Europameisterschaft in den Niederlanden konnten wir einen guten sechsten Rang erringen“ denkt Sperl gerne zurück. Er verspricht: „Nun werden wir uns auch beim World Cup, der am 19. Juli enden wird, voll ins Zeug legen, um unser Land würdig zu vertreten.“Seit 2017 wird Daniel Sperl, der in Saulburg wohnt, regelmäßig zu Lehrgängen und Länderspielen der Nationalmannschaft CP eingeladen. CP steht für Cerebral Palsy. Teilnehmen dürfen dabei nur Spieler mit zerebralen Störungen, die sich auf eine oder mehrere Gliedmaßen ausgebreitet haben. Unterteilt werden die Akteure in drei Kategorien. Sperl gehört der Unterordnung FT 3 an. Andere Spieler in seinem Team hat es noch wesentlich schlimmer erwischt als ihn.
Es spielen Sieben gegen SiebenGespielt wird im Modus Sieben gegen Sieben auf einem Kleinfeld. Die Spielzeit beträgt zweimal 30 Minuten. Nur ein Akteur der Kategorie FT 3 darf auf dem Platz stehen. „Die restlichen sechs Spieler müssen den Kategorien FT 1 oder FT 2 angehören. Wenn eine Mannschaft keinen FT 1 er hat, dabei handelt es sich um einen Spieler, der beispielsweise mit beidseitigen Lähmungen zu kämpfen hat, muss sie zu sechst spielen.“ Und das ist keine Seltenheit. Die Ukraine, der Weltranglisten-Erste, wurde im Vorjahr Vize-Europameister mit nur sechs Spielern.Daniel Sperl freut sich auf den World Cup, fiebert ihm entgegen. Das Wort „behindert“ hört er nicht so gerne, er sieht sich und seine Mitspieler eher als „Menschen mit Handicap“. Gegen Brasilien sieht sich Sperl klar in der Außenseiterrolle. „Wir müssen gegen England und Japan bestehen. In vielen Ländern wird diese Sportart wesentlich professioneller betrieben als bei uns. Aber wir holen auf“, freut sich Sperl. Großen Anteil daran habe Nationaltrainer Fritsch, der vor einigen Monaten auch eine Bayernauswahl ins Leben gerufen hat, die er trainiert und coacht.Der Grund, warum Daniel Sperl überhaupt an der WM teilnehmen darf, liegt im Jahr 2006. Als damals 16-Jähriger war er in einen schweren Verkehrsunfall verwickelt. Nach vielen Aufenthalten in Krankenhäusern – inklusive einiger Fehldiagnosen – wurde Sperl in Günzburg erfolgreich operiert. „Erst danach kam die Bizepsfunktion in meinem rechten Arm langsam wieder zurück.“ Sperl blieb sprichwörtlich am Ball. Es folgten viele Rehabilitationsmaßnahmen. Noch immer ist er in Behandlung. „Längst geht es nicht mehr um Verbesserungen, sondern darum, den Status quo beibehalten zu können.“Seinen erlernten Beruf als Kfz-Mechatroniker musste er aufgeben. Sperl schulte um zum technischen Zeichner, arbeitet seit vielen Jahren bereits bei der Firma Lausser in Pilgramsberg. Seinen rechten Arm kann Sperl nicht heben und nicht nach rechts drehen. „Allerdings kann ich die rechte Hand und die Finger bewegen. Somit ist es mir möglich, am Computer zu arbeiten und mit einem Stift zu schreiben.“ Die Maus bedient er allerdings mit links. „Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Ich musste umlernen, die linke Hand trainieren. Wenn man will, ist vieles möglich.“
Sein Vater ist Sperls großes Vorbild

Unglaublich, aber wahr: Im Jahr 1984 zog sich sein Vater Karl Heinz ebenfalls bei einem Verkehrsunfall eine spastische Parese zu. „Mein Vater kämpfte sich zurück ins Leben und arbeitet schon lange wieder als Straßenmarkierer. Ihn nahm ich mir zum Vorbild.“ Und Karl Heinz Sperl ist stolz auf seinen Sohn. Gerne schaut er ihm beim Spielen zu, feierte im Sommer 2018 mit, als Daniel mit dem TSV Wörth die Kreisklassen-Meisterschaft perfekt machte. „Daniel hat hart gearbeitet, hat sich die WM verdient. Ich werde ihm und seiner Mannschaft die Daumen drücken“, sagt sein Vater in großer Vorfreude.Daniel Sperl hat sich nach dem Unfall ins Leben zurückgekämpft, nie aufgegeben, hart und ehrgeizig seine Ziele verfolgt. Es heißt, ständig zu trainieren, insbesondere fallen ihm Gleichgewichtsübungen schwer. Sein Motto lautet: „Man darf nie aufgeben, muss sich immer neue – und zwar realistische – Ziele setzen,“ Beim World Cup geht es um wichtige Zähler für die Weltrangliste. „Mit jedem Sieg, den wir landen werden, machen wir auf vor uns liegende Nationen Boden gut.“ Egal, wie weit Deutschland im Feld der 16 Teilnehmer kommen wird, bleibt das Team auf alle Fälle bis zum Abschluss des Turniers. „Der Rückflug ist für den 20. Juli gebucht. Hoffentlich haben wir einiges zu feiern“, so Sperl.Spiele in der Vorrunde:Montag, 8. Juli, um 9 Uhr gegen England. Mittwoch, 10. Juli, um 19 Uhr gegen Brasilien, Freitag, 12. Juli, um 11 Uhr gegen Japan. Insgesamt nehmen 16 Mannschaften teil. Gruppe A: Japan, Deutschland, England, Brasilien; Gruppe B: USA, Irland, Iran, Finnland; Gruppe C: Ukraine, Spanien, Australien, Argentinien; Gruppe D: Thailand, Russland, Holland, Kanada. Die Nationalmannschaft CP gehört übrigens nicht zum DFB, sondern zum DSB, dem Deutschen Behindertensportverband. Geld ist nicht im Überfluss vorhanden, so ist man auch auf Spenden angewiesen: Betreff: Spende CP-Nationalmannschaft, IBAN: DE 31 3705 0198 0030 0038 00, BIC: COLSDE 33Livestream der Spiele unter www.sevillaworldcup2019.com/en.

Daniel Sperl setzt sich trotz Handicaps durch. Der Angreifer ist nur schwer in den Griff zu bekommen. Fotos: Schmautz